Du musst jetzt ganz stark sein: vegan zu sein, kann manchmal extrem nerven! Wir Veganer sind nun einmal in der Minderheit und spätestens, wenn du dich mit Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen zu einem Essen triffst, musst du die Karten auf den Tisch legen und dich outen: Ja, du bist einer von diesen eigentümlichen, weltfremden und verschrobenen Veganern! Und zu allem Überfluss meistens auch der einzige am Tisch. Und dann kommen sie: die Fragen.
Damit sie dich nicht allzu unvorbereitet treffen, hier meine Top 11 mit den entsprechenden Antworten dazu, damit du für alle Eventualitäten gerüstet bist. Here we go:
1. Isst du jetzt nur noch Gemüse und Salat?
Nein, das scheint ein grundsätzliches Missverständnis zu sein: eine pflanzliche Ernährung umfasst nicht nur Gemüse und Salat, auch wenn dies die ersten Dinge sind, die einem dazu einfallen. Vegane Ernährung ist genauso reichhaltig und vielfältig wie bei Allesessern – nur mit dem „kleinen“ Unterschied, dass tierische Erzeugnisse weggelassen werden.
Nudeln, Reis, Gemüse, Chili, Eintopf, Suppen, Tofu, Seitan, Salate, Süßes und vieles andere mehr gehören selbstverständlich zu einer veganen Ernährung dazu. Ausserdem gibt es mittlerweile unzählige vegane Kochbücher und jede Menge Blogs mit tollen Rezepten für alle Gelegenheiten.
2. Ist es nicht schrecklich langweilig, sich vegan zu ernähren?
Nein, definitiv nicht! Das Gegenteil ist der Fall! Aus eigener Erfahrungen kann ich davon berichten, dass mein Speiseplan und mein Wissen über Lebensmittel und deren Inhaltsstoffe enorm bereichert wurden, seitdem ich mich vegan ernähre.
Call me a dummy, aber von Taboulé, Chia-Samen oder der blutzuckersenkenden Wirkung von Zimt hatte ich vorher keine Ahnung. Buchweizen kam nicht auf den Tisch und Couscous oder Bulgur auch nur selten. Ich koche jetzt gerne und probiere mit großer Neugier die verschiedensten Zutaten und Gewürze aus.
Meine Ernährung ist bunter, ausgewogener und abwechslungsreicher denn je. Ausserdem habe ich mittlerweile das Gefühl, ein weitaus besseres Verständnis von der Vielfalt der Lebensmittel und deren Wirkung auf meinen Körper zu haben, als ich es je hatte – und das kann man wohl kaum langweilig nennen, oder?
3. Machst du das als Diät? Willst du abnehmen?
Hallo?! Vegan zu leben ist keine Diät, mein Freund! Eine vegane Ernährungsweise bedeutet, sich sehr bewußt mit den Nahrungsmitteln auseinanderzusetzen, die ich meinem Körper zuführe. Insofern stopft man nicht mehr alles gedankenlos in sich hinein, verbessert die Qualität seiner Ernährung und verliert vielleicht auch ein paar Pfunde.
Wer aber nur veganes Junkfood und Fertigprodukte in sich hineinstopft (s. Frage 4) und sich nicht bewegt, wird auch als Veganer nicht an Gewicht verlieren. Allerdings: es gibt grundsätzlich Hinweise darauf, dass eine vegane Ernährungsweise Diätvorhaben begünstigen und unterstützen können.
4. Ist das denn gesund?
Tja, der Engländer würde sagen: „It depends.“ Es hängt davon ab, was man daraus macht. Klar ist, dass man sich als Veganer genau so ungesund ernähren kann, wie ein Normalesser. Vegane Süßigkeiten und veganes Junk Food gibt es mittlerweile zuhauf auf dem Markt. Im anglo-amerikanischen Sprachraum gibt es dafür den schönen Begriff „technically vegan“, was bedeutet, dass sich jemand zwar technisch, also nominell, vegan ernähren kann, was allerdings nicht gleichzeitig auch gesund ist.
Der Schlüssel für eine gesunde Lebensweise liegt auch bei Veganern in einer vollwertigen, biologischen und ausgewogenen Ernährung in Kombination mit ausreichender Bewegung.
5. Bekommt man denn keine Mangelerscheinungen?
Eine berechtigte Frage, die ich mit einem klaren „Jein“ beantworten kann. Grundsätzlich bietet eine ausgewogene vegane Ernährung alles, was der Körper braucht. Die einzige Ausnahme bildet dabei Vitamin B12, das eine wichtige Rolle bei der DNA-Synthese und Zellteilung, der Blutbildung und des Nervensystems spielt. Dieses Vitamin kann durch pflanzliche Ernährung allein nicht in ausreichendem Maß zu sich genommen werden. „Entsprechend sollten Veganer die ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 über angereicherte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Tabletten oder Tropfen, oder Vitamin B12-Zahncreme sicherstellen“, wie bspw. der Vebu rät.
6. Und was ist mit Milch, Butter, Käse und Eiern? Wie kannst du bloß darauf verzichten?
Tja, ich muss ehrlich zugeben, dass mich dieser Gedanke auch lange davon abgehalten hat, mich vegan zu ernähren. Heute vermisse ich diese Nahrungsmittel allerdings gar nicht mehr. Wie es dazu kam? Ich habe mich einfach mal auf einen Versuch eingelassen, es „ohne“ zu probieren. Ausserdem gibt es für Milch (bspw. Hafer-, Soja-oder Mandelmiclh), Butter (hochwertige pflanzliche Margarine) und Eier (Sojamehl und Wasser oder auch fertigen Ei-Ersatz) tollen und einfachen Ersatz.
Ich gestehe aber, dass mir veganer Käse bisher nicht wirklich schmeckt. Sehnsucht nach „echtem“ Käse habe ich aber keinen, genau so, wie ich nach meinem Anfang als Vegetarier auch Fleisch nicht vermisst habe. Wie sagt man so schön: „Aus den Augen, aus dem Sinn!“. Trotzdem werde ich demnächst mal versuchen, veganen Käse selber zu machen*. Mal schauen, was dabei rauskommt …
7. Aber Fisch isst du doch, oder?
Nein! Warum sollte ich? Fisch hat Augen. Fisch ist „Tier“ und das geht mit vegan nicht so recht zusammen. Verstanden? Von der Überfischung der Weltmeere und der Belastung von Fisch mit Schwermetallen, Bazillen und Parasiten mal ganz abgesehen.
8. Kannst du denn Brot essen?
Klar! Brot aus Hefe- oder Sauerteig ist in der Regel vegan. Wenn ich Lust und Zeit habe, backe ich mein Brot gerne selber. Ist ein bisschen Aufwand, aber ich weiß genau, was drin ist und außerdem gibt es kaum etwas Leckereres als ein frisches Brot aus dem eigenen Ofen.
Aufpassen muss man allerdings bei anderen Backwaren, gerade bei den süßen, wie Keksen oder Kuchen. Hier sind oft Butter, Eier oder Milch im Spiel.
9. Kriegst du denn auch genug Eiweiß?
Ja, Mama, aber sicher! 😉 Frag mich bitte nicht, warum die Eiweißfrage (gerade auch bei Eltern) so beliebt ist. Sie wird auch dir gestellt werden. Garantiert. Vermutlich rührt sie daher, dass die meisten Menschen eine fleischliche Ernährung für besonders eiweißhaltig halten und im Umkehrschluss davon ausgehen, dass eine pflanzliche Ernährungsweise arm an Proteinen (gleichbedeutend mit Eiweiß) ist.
Ich kann dir versichern, dass es sich dabei um eine Phantomdiskussion handelt. Laut Peta ist „Proteinmangel für Veganer kein Thema“, denn selbst wenn man sich ausschließlich von Weizen, Hafer oder Kartoffeln ernähren würde, würde man als Veganer bereits in ausreichendem Maße Protein zu sich nehmen. Darüber hinaus sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Erbsen, Soja, sowie Nüsse und Pseudogetreidesorten ausgezeichnete Proteinlieferanten.
10. Ist es nicht furchtbar kompliziert, sich vegan zu ernähren?
Ist es nicht immer ein wenig kompliziert, wenn man etwas Neues anfängt? Dinge brauchen ihre Zeit. Mit ein wenig Geduld und Erfahrung geht einem das vegane Einkaufen und Kochen nach einer gewissen Zeit genau so leicht von der Hand wie zuvor. Alles eine Frage der Gewöhnung. Wenn man erst einmal weiß, worauf man zu achten hat, welche Produkte vegan sind und welche man meiden sollte, welche Kochbücher etwas taugen und welche nicht und wenn man seinen Kühlschrank einmal von allem Nicht-Veganen befreit und mit veganen Lebensmitteln befüllt hat, ist das vegane Leben ziemlich easy.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: wenn man unterwegs ist und keine Möglichkeit hat, selber zu kochen, kann es bisweilen schon ein wenig schwierig sein, sich vegan zu ernähren. Nicht alle Restaurants sind auf Veganer eingestellt und der eine oder andere Kellner begegnet einem schon recht verständnislos. Hier heißt es dann, Kompromisse zu machen und bspw. auf eine Portion Pommes oder einen grünen Salat mit Essig & Öl auszuweichen.
11. Vegan ist doch viel zu teuer, oder?
Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, woher dieses immer wieder genannte Vorurteil kommt. Ich kann diese Erfahrung nicht teilen und gebe, seitdem ich mich vegan ernähre, nicht mehr Geld für Lebensmittel aus als zuvor.
Wer allerdings durch den Supermarkt geht und nur vegane Fertigprodukte in seinen Einkaufswagen legt, wird an der Kasse sicherlich einen Heidenschreck bekommen. Der Spaß ist wirklich teuer! Aber mal ehrlich, den meisten Fertig-Unfug braucht man nicht wirklich, oder?
Wenn man hingegen regelmäßig auf Wochenmärkten oder in Hofläden einkauft, seine Einkäufe vernünftig plant, auf Vorrat kocht oder die eine oder andere Sache, die man sonst fertig kaufen würde, selber macht (wie z. B. die komplett überteuerte Fertig-Mandel- oder Hafermilch), dann kann es sehr günstig sein, sich vegan zu ernähren.
Und denk‘ erstmal an als das viele Geld, das man spart, weil man keinen teuren Käse mehr kauft. 😉
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Donnerstag, 12. November 2015
Hallo Jens,
das ist eine sehr zutreffende Auflistung der wirklich häufigsten Fragen, die zwangsläufig aufkommen, sobald das Thema Veganismus auf den Tisch kommt.
Mein persönlicher Favorit dabei ist – in Abwandlung an Frage 1: „Was kannst du denn dann noch essen?“ Die mentalen Augenverdreher, die ich aufgrund dieser naiv-unwissenden Frage schon getätigt habe, sind bisher ungezählt. Aber es sind viele. Und dann rattere ich herunter: „Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse, Getreide, Pflanzenmilch und -joghurt, Nudeln, Reis, Brot, pflanzliche Margarine…“ Die Gesichter sind jedes Mal unbezahlbar, wenn die Betreffenden sich vor Augen führen, wie viele Lebensmittel eigentlich von Natur aus vegan sind und wie einfach eine pflanzliche Ernährung dementsprechend sein kann. 😉
Wichtig finde ich auch den Aspekt mit den Fertig-Lebensmitteln: Ja, diese sind teuer, und ja, sie sind überflüssig. Ich finde, es macht – abgesehen davon, dass es der Gesundheit weitaus zuträglicher ist – viel mehr Spaß, seine Lebensmittel selbst herzustellen als alles fertig abgepackt und industriell hoch verarbeitet zu kaufen. 🙂
Liebe Grüße
Jenni
Donnerstag, 12. November 2015
Hey Jenni.
Vielen Dank für deinen Kommentar. Besonders diese Anmerkung gefällt mir gut: „Die Gesichter sind jedes Mal unbezahlbar, wenn die Betreffenden sich vor Augen führen, wie viele Lebensmittel eigentlich von Natur aus vegan sind“. Die Erfahrung habe ich auch schon häufig gemacht. Da merkt man doch, dass viele Nicht-Veganer ein viel zu eingeschränktes Bild von veganer Ernährung haben, was schade ist. Aber dazu unterhält man sich dann ja und weckt vielleicht auch eine gewisse Neugierde.
Liebe Grüße!
Jens
Montag, 16. November 2015
Hi Jens,
habe dich durch Zufall entdeckt. Weiss gar nicht mehr, wo eigentlich? Ich glaube, in irgendeinem Kommentar auf irgendeinem Blog. Egal. Jetzt bin ich hier. Und ich nehme diese „Begegnung“ jetzt mal als Appell war.
Denn ich liebäugel schon seit einiger Zeit mit dem Thema Vegan. Naja, „einige Zeit“ ist schon ein bisschen untertrieben. Eigentlich spiele ich schon seit vielen Jahren mit dem Gedanken, mich vegan zu ernähren. Doch dann habe ich es immer wieder beiseite gelegt, aufgeschoben, usw. Und plötzlich sind 1, 3, 5 Jahre vorbei.
Jetzt ist es wieder auf meinem Radar. Ganz präsent. Durch deinen Blog. Ich wage einen Start. Ansonsten vergehen wieder 2, 4 oder 7 Jahre. Oh man, wo bleibt die Zeit?
Danke für den Beitrag. Die Inspiration will ich nutzen.
Gruß, Michel
Montag, 16. November 2015
Hey Michel.
Vielen Dank. Es freut mich sehr, wenn dir mein Blog eine Inspiration ist!
Tja, mit dem Vergehen der Zeit ist das so eine Sache. Wir wissen ja alle, wie das so ist – dass man sich meistens eher zu viel als zu wenig vornimmt und die eine oder andere Sache dann weichen muss oder in den Hintergrund gerät.
Ich finde es auf jeden Fall toll, dass du den Start in ein veganes Leben jetzt wagst. Mach dir aber keinen Druck. Es soll ja Spaß machen und dir gut tun. Sei nicht zu streng mit dir und genieße es. Du wirst es sehen: ein so großer Bruch oder eine so krasse Veränderung ist es am Ende nicht und du wirst hoffentlich schnell bemerken, wie gut es dir tut.
Alles Gute für dich! Ich drücke die Daumen!
Jens
Donnerstag, 26. November 2015
Hallo Jens,
ich bin kein Veganer, aber ein Mensch der extrem genau auf Zusatzstoffe, Umweltverträglichkeit und bei tierischen Lebensmitteln auf möglichst Bio Haltung oder „Wild“ achtet. Punkt 6 und 7 sind für mich das KO Kriterium vegan zu werden 🙂 Der Verzicht auf Rind, Schwein, von mir aus auch Hühnchen könnte gehen… aber Fisch und Meeresfrüchte. Nee… 🙂 Sahne und Butter möchte ich ebenfalls nicht missen, zahle aber gerne das doppelte, wenn ich sicher sein kann das es den Kühen besser geht als den armen Tieren in der Halle von Massentierhaltungsställen die nie Tageslicht sehen und nach 2 Jahren Qualen umgebracht werden.
Gruß
Marco
Freitag, 27. November 2015
Hey Marco,
vielen Dank für das nette Feedback. Ich denke, es wäre tatsächlich schon viel gewonnen, wenn sich die Masse der Konsumenten eingehender damit beschäftigen würde, unter welchen Bedingungen die tierischen Lebensmittel hergestellt werden und auch bereit wäre, einen angemessenen und fairen Preis dafür zu bezahlen.
Beste Grüße
Jens
Mittwoch, 5. September 2018
Lieber Marco,
das Bio bessere Haltungsbedingingen bedeutet ist leider eine reine Marketingmasche, auf die ich auch jahrelang reingefallen bin (bei mir waren es Bioeier). Die Tiere leiden für Biomilch ebenso und ab dem Transport zum Schlachthof sind die Bedingungen für Bio und konventionelle Rinder sogar identisch. Das gleiche gilt für das Bioschwein oder Biohuhn.
Mir ging es in Bezug auf Fisch und Meeresfrüchte bis vor kurzem genauso (Sushi habe ich geliebt bevor ich vegan wurde). Aber nachdem ich mich informiert habe was für Schadstoffe ich durch den Konsum von Fisch zu mir nahm, ist mir der Appetit darauf vergangen. Dazu kommen die verheerenden Auswirkungen des Fischfangs auf unsere Natur und Umwelt. Mir ist es wichtig, dass jedem bewusst ist, was der Genuss von Tierprodukten bedeutet. Ich denke viele sind uninformiert ( so wie ich auch vor kurzem). Deswegen: Informiere dich! Nur dann kannst du dich wirklich frei für dieses oder gegen jenes Tierprodukt entscheiden.
Viele Grüße Sara